X-Mas 2017: Hipster-Weihnachtswerbung lässt die Kunden (oft) kalt

15.12.2017

Alle Jahre wieder schicken die großen Handelsmarken ihre Weihnachts-Spots ins Rennen um die Kundengunst. Doch anders als in den letzten Jahren, in denen das ganz große Gefühlskino zelebriert wurde, ist das Weihnachtsfest der Werber im Jahr 2017 bunt, schrill und lustig. Das Marktforschungsinstitut september Strategie & Forschung aus Köln, Spezialist für Emotionsforschung, hat drei dieser Spots genau unter die Lupe genommen und ihre emotionale Wirkung detailliert gemessen: IKEA, ALDI und eBay. Davon bietet nur der IKEA-Spot „Opa“ eine weihnachtliche emotionale Performance.

„Weihnachten ist emotional gesehen der Showdown des Jahres. Anspruch und familiäre Beziehungen pushen einen in einen wahren Ausnahmezustand“ sagt Carmen Schenkel von september. „Der Party-Gedanke ist daher mehr als entlastend und willkommen. Doch wenn es zu beliebig wird, geht der Grundcharakter von Weihnachten gänzlich verloren. So ist es psychologisch geschickt, dass IKEA die ausgelassene Partystimmung für einen kurzen Moment unterbricht, in dem ganz klar wird, was Weihnachten ausmacht: familiäre Nähe und Anteilnahme. Die Zuschauer reagieren darauf emotional deutlich intensiver als auf die beiden anderen Spots, in denen Weihnachten als ein knallbuntes Partyspektakel zelebriert wird. Das ist zwar kurzweilig, enttäuscht aber die impliziten Erwartungen an das Fest der Liebe.  IKEA bietet das Beste aus beiden Welten und emotionalisiert im Sinne einer Marketingstrategie daher am besten!“

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IKEA präsentiert hier ein Mini-Drama, das nicht nur witzig ist, sondern die Zuschauer auch emotional berührt. Mitten in die sympathische Partywelt platzieren die Macher einen Schock-Effekt: „Opa ist jetzt an einem besseren Ort …“ Die Enkel sind fassungslos und mit ihnen die Zuschauer. Doch die Erlösung folgt auf dem Fuß „…an einem besseren Platz“ – dem IKEA Sofa. Mit diesem dramatischen Missverständnis, das man der netten Smilla gerne verzeiht, gelingt IKEA ein dramaturgischer Kniff erster Güte. Die Zuschauer erleben ein echtes Happy End. Während der Produktangebote klettern Attraktion und Sympathie auf Höchstwerte, auch die emotionale Nähe steigt deutlich. IKEA erzeugt in diesen 30 Sekunden eine starke Feel-good-Emotion, die perfekt zur Marke passt.

 

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Die Botschaft von eBay lautet 2017: „Kauf bunter!“ Der 30-Sekünder zeigt ein schnell geschnittenes Kaleidoskop voller X-Mas-Impressionen, die vor allem eines sein sollen: Nicht so „beeeeeeige“ wie die alten Spießer-Weihnachten, sondern lieber hip, stylish und individuell. Die Zuschauer sind neugierig, was da passiert und finden das alles sehr anziehend (gute Werte bei Relevanz und Attraktion). Doch sie fühlen sich in dieser reizüberfluteten, kunterbunten Welt überhaupt nicht heimisch; der Wert weihnachtliche für emotionale Nähe bleibt während des ganzen Spots extrem niedrig – die Zuschauer schotten sich emotional vom Spot ab. „Feiere Weihnachten wie kein anderer“: Die Einladung, Weihnachten wie einen besonders bunten Shopping-Tag zu erleben, geht an den tieferen Emotionen der Testpersonen vorbei.

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ALDIs 45-Sekünder zeigt nicht weniger als 17 Arten, wie man Weihnachten mit einem gut gefüllten Kühlschrank genießen kann. Da ist vom Produktsortiment bis zum Kundenspektrum für jeden etwas Passendes dabei. Musikalisch zusammengehalten wird das Ganze von munterem X-Mas Swing. So bewegt sich der Spot auf einem durchweg guten Attraktions-Niveau mit einer heiteren und entspannten emotionalen Grundlage. Doch anders als beim IKEA-Spot fehlt hier eine Story und Dramaturgie, die das Publikum wirklich involviert und das Herz erwärmt. Dieser Spot ist wie der gezeigte Smarties-Kuchen: ein Vergnügen ohne anhaltenden (emotionalen) Nährwert.

Emotionsmessung

Die implizite Emotionsmessung erfasst und erkennt Muster aus über 20 psychophysiologischen Datenströmen und ordnet diese trennscharfen emotionalen Key Performance Indicators zu. Tiefenpsychologische Interviews erkunden die Ziele, Motive und Sehnsüchte hinter den emotionalen Reaktionen.