be emotional: Weihnachtsspots im Check
Emotionale Relevanz ist das Zauberwort bei den Discountern: Billig reicht nicht mehr!
Carmen Schenkel, Geschäftsführerin september Strategie & Forschung: „Im Fokus von ‚be emotional‘ steht die „wahre“ Währung der Kommunikation: Die emotionale Relevanz. Menschen wollen heute mehr denn je emotional angesprochen werden, sie suchen nach Ankern und Haltung. Auf dieses Bedürfnis müssen Marken – schon aus eigenem Interesse – in ihrer Kommunikation eingehen. Gerade jetzt! Wir haben uns bei september der Psychologie und dem Erforschen von Emotionen verschrieben, um damit diese neue Währung optimal zu greifen und nutzbar zu machen.“
Sie sind fast so schön wie Weihnachten selbst, die bewegten Bilder, die die Discounter alljährlich zur Adventszeit in deutsche Wohnzimmer bringen. Ob es Aldi, Penny und Kaufland gelungen ist, die Konsumenten mit ihren Botschaften einzufangen und welche Emotionen genau die Weihnachtskreationen wecken, haben wir in Kooperation mit der Mediaplus Gruppe mit „Be Emotional“ erforscht.
Bewegte Bilder ist dabei wörtlich zu nehmen, denn die Unternehmen setzen in der vorweihnachtlichen Stimmung bei ihren Kreationen vor allem auf eines: Emotion. Das steht eigentlich im Widerspruch zur eher pragmatischen Niedrigpreispolitik und dem reduzierten Warensortiment, das tief in der Marken-DNA der Discounter verankert ist. Billig reicht aber nicht mehr! Emotionale Relevanz ist das Zauberwort! Und so setzen gerade zu Weihnachten auch Discounter inzwischen auf große Weihnachtskampagnen.
Schaffen die Händler es, nach dem entbehrungsreichen Corona-Jahr die Sehnsucht der Konsumenten nach etwas Normalität, Geborgenheit und Weihnachtsfeeling zu stillen? In einem qualitativen Studiendesign haben die beiden Forschungspartner die Spots der drei Discounter Sequenz für Sequenz untersucht. 100 Testpersonen ließen sich verkabeln. Wie sich Herzschlag (EKG), Hautleitwert (EDA), Gesichtsmuskeln (EMG) und Pulsvolumen (PVA) beim Schauen der Spots verändern, bildet die Basis für die Berechnung der marketingrelevanten KPIs wie Attraktion, Sympathie und Relevanz. In anschließenden Tiefeninterviews erforschte das Institut zudem, wie das die Spots „seelisch erlebt“ werden. Welche „Story“ ist hängengeblieben? Wie wird die Botschaft verstanden? Wie produktiv ist diese für Produkt und Marke? Welche attraktiven Hebel gibt es für die Kreation? Wie verschiedene Medienkanäle von TV über Facebook, YouTube und Instagram emotional funktionieren, ist ebenso Bestandteil des neuen Instruments. Die Ergebnisse des Checks, der kontinuierlich mit weiteren Branchen und Mediengattungen fortgeführt wird, laufen in eine Datenbank ein, die so ein übergreifendes Benchmarking ermöglicht. Die Weihnachtsspots der Discounter bilden den Auftakt. Daneben hat die Untersuchung auch die Edeka Weihnachtskampagne unter die Lupe genommen. Ergebnisse liefert das Institut auf Anfrage, da der Fokus in der vorliegenden Untersuchung auf den Discountern liegt. Was bei Aldi, Penny und kaufland herauskam, sind verschiedene Spielarten von Weihnachtsbotschaften. Im Vierklang aus „emotionaler Aufladung“ oder „Quick Win“, „Better World (Bigger Than Me)“ oder „Better Christmas (Me-Focus)“ ordnen sich die vier Kampagnen völlig unterschiedlich ein:
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Aldi rettet die Magie von Weihnachten Luxus und Schlemmen und Discounter – diese Welten widersprechen sich normalerweise. Aldi hingegen positioniert sich seit einiger Zeit um. Glamour, so der Tenor, soll auf jede Dinner-Tafel: Einfach die Packung öffnen und für einen Abend Luxusgenuss wie im Restaurant auf den Tisch zaubern. Mit unglaublich prunkvollem Genuss wartet der Discounter nun auch in seinem TV-Spot auf. Und das äußerst glaubwürdig! Der schon fast einlullende, schnulzig-schöne Weihnachtsspot mit dem Protagonisten „Kai Karotte“ entführt in märchenhafte, verschwenderische Glamourwelten. Zu Corona-Zeiten trifft das voll ins Schwarze. Die Unsicherheit ist groß, wie Weihnachten gefeiert werden kann, ebenso wie die Sehnsucht nach der Geborgenheit von Familienzusammenkünften. Aldi, so suggeriert der Spot, kann da glänzende, festliche und liebevolle Weihnachten in der Familie retten. Der Discounter bietet alle Zutaten für ein familiäres Miteinander, festliche Stimmung und ein leckeres, opulentes Weihnachtsmenu. „Man bekommt Lust an diesem Tisch zu sitzen“, so die Einschätzung eines Studienteilnehmers. „Es wirkt schön, gemütlich, weihnachtlich, heimelig, appetitanregend“, so ein weiteres Originalzitat.
Der Spot vermittelt dem Zuschauer ein warmes Gefühl voll Freude und Entspannung, der märchenhafte Beginn, die sanfte Stimme und die kindliche Karotte involvieren schon zu Beginn deutlich positiv, das wirkt in dieser Zeit entlastend. Insbesondere bei Frauen kommt das klassische Weihnachtsbild mit opulentem Mahl im Familienkreis an, sie gehen in der Inszenierung auf und werden auch von dem Kindchenschema der Karotte erreicht. Männer mögen die Vorstellung, sich an den gedeckten Tisch zu setzen, sich etwas zu gönnen und bekommen leuchtende Augen, wenn von der Gans gesprochen wird. Mit der Karotte können sie hingegen wenig anfangen.
Das Fazit: Aldi schafft das bessere Weihnachten, genau jetzt wo es besonders zählt…
PENNY feiert die Nächstenliebe Einen großen Schritt weiter geht der Wettbewerber PENNY in seiner Weihnachtsbotschaft. Zusammen mit seiner Stammagentur Serviceplan Campaign liefert der Discounter mit einem Zeichentrickfilm ein Plädoyer für mehr Nächstenliebe und Gemeinschaftssinn. Im Mittelpunkt des für Online und Social-Media-Kanäle produzierten Spots steht Felix. Im Spot immer wieder mit dem negativ konnotierten Satz „Stell dir vor, das würde jeder machen“ konfrontiert, wandelt er diesen am Ende in eine große Geste der Nächstenliebe um.
Wie sehr der Spot das Publikum berührt, belegen die zahlreichen Ausschläge, die die Messinstrumente für Sympathie, Relevanz und Attraktion im Laufe des Spots verzeichnen. Der Haltungs-Spot lebt den Anspruch „be better, not normal“ und versteht es, die Bedürfnisse und Sorgen, die die Menschen im Alltag beschäftigen haben, in einen positiven Zusammenhang zu überführen. Der Discounter spricht Probleme an und zeigt die Lösung durch die „gute Tat“ auf. Die Botschaft des Unternehmens am Ende: „Wenn wir alle helfen, dann ist Weihnachten auch wirklich für alle.“ Dabei trifft PENNY den Nerv der Zeit. „Es kommt rüber, dass man an die Leute denken soll, denen es nicht so gut geht. Nicht nur an sich selbst denken, sondern auch an andere“, so ein O-Ton aus der Befragung. „Man muss schon eiskalt sein, wenn einen der PENNY-Spot nicht berührt“, lautet ein weiteres Zitat.
PENNY hebt sich damit ab von anderen Weihnachtskampagnen, so die übereinstimmende Einschätzung der Interviewpartner. Der TV-Spot vermittelt, so empfinden es Studienteilnehmer:innen, ein völlig neues Bild des Discounters, ein Appell an die Menschen. Man vermutet nicht PENNY dahinter, die Auflösung ist unerwartet, überraschend.
Das Fazit: PENNY rückt Weihnachten ins richtige Licht und spricht die Bedürfnisse und Sorgen der aktuellen Situation hoch relevant an!
Kaufland und das nächtliche Naschen In eine ganz andere Kerbe schlägt Kaufland. Das schönste am Weihnachten ist essen, so die Message des fast schon ironisch anmutenden Spots. Die Familie schleicht durchs Haus und ertappt sich gegenseitig beim nächtlichen Naschen am Festmahl. Der Lebensmitteleinzelhändler spielt hier mit den kleinen Schwächen der Menschen. Im Gegensatz zu PENNY und am deutlichsten von allen untersuchten Spots zielt Kaufland klar auf den Abverkauf. Als Tag-On folgen die jeweiligen Wochenangebote.
Bei den Konsumenten kommt das grundsätzlich an, sie empfinden es als lustig, pfiffig, comicartig überzogen. Der Start mit verschneitem Haus und glänzenden Kugeln – das sind Bilder für Weihnachten, die zu Beginn der Werbung durchaus positive Assoziationen wecken. Die Einschätzung bleibt nichtsdestotrotz ambivalent: Dass der Konsument entlarvt wird mit der heimlichen Kühlschrank-Plünderung, weckt nicht wirklich Sympathie bei ihm, das genussvolle Naschen an sich ist durchaus attraktiv. Gerade Frauen fehlt jedoch die gewünschte heile Welt, das Familienbild: „Weihnachten trifft man sich nicht nachts“, “man nimmt hier den Moment des Gemeinsamen, des Familien-Genusses weg“, „Vorfressen geht nicht!“ so das Urteil der Teilnehmerinnen. Männern gefällt durchaus der Aspekt, „nachts den anderen die tollen Sachen wegzufuttern“. „Besonders in der Corona Zeit ist Weihnachten nicht nur Verwandte treffen, sondern man kann es sich schön machen zuhause mit dem Essen“, so der O-Ton unter den männlichen Studienteilnehmern. Entsprechend unterschiedlich fallen die Ausschläge der Kurven bei Männern und Frauen aus.
Ein unvermittelter Bruch in der Story funktioniert bei beiden Geschlechtern: Das Nutella-Glas im Weihnachtspulli ist rund fünf Sekunden zu sehen und löst im Verlauf Sympathie gepaart mit sehr hoher Attraktion sowie Relevanz aus. Frauen empfinden diesen Call-to-Action noch stärker.
Das Fazit: Kaufland „frisst“ vor, setzt Weihnachten damit schon fast aus. Schmälert die Bedeutung, das passt nicht zur „be better, not normal“ Haltung. Der Weihnachtspulli von Nutella dagegen schon – es ist definitiv das „bessere Weihnachts-Nutella!
Edeka: Vielfalt auf dem Teller
Die vorliegende Untersuchung legt den Fokus auf Discounter. Daneben hat die Untersuchung auch die Edeka Weihnachtskampagne unter die Lupe genommen. Der Spot des Vollsortimenters sorgte im Vorfeld für Diskussionen. Der Social Media Shitstorm spiegelte sich in der Befragung keineswegs wider. Die Studienergebnisse zeigen, dass Edeka in bewährter und gut erkennbarer CI auf Sicherheit, Qualität, persönliche Beratung setzt.
„be emotional“ erfasst die emotionale Wirkung von Kommunikation auf allen Kanälen. In der aktuellen Welle lag der Fokus auf Bewegtbild, neben TV und Youtube wurden auch Facebook und Instagram als Werbeumfelder einbezogen, schon ab der nächsten Welle wird TikTok mitlaufen. Das Instrument identifiziert „Pain Points“ ebenso wie emotional elektrisierende Szenen und kann Kunden klare Optimierungsempfehlungen geben. Die Ergebnisse des Checks, der kontinuierlich mit weiteren Branchen und Mediengattungen fortgeführt wird, laufen in eine Datenbank ein, die so ein übergreifendes Benchmarking ermöglicht. Die Kombination von technischer Emotionsmessung und qualitativer Befragung ist ein uniquer Ansatz, der eine umfassende Tiefe von Kampagnenanalysen liefert. Mit dem zukünftigen Aufbau der Datenbank über eine Vielzahl an Medienkanälen schafft Mediaplus zusammen mit September einen umfassendes Fundus an Kreations-Learnings und Wirkungsweisen. Die Ergebnisse wurden auch auf wuv.de veröffentlicht: https://www.wuv.de/wuvplus/weihnachtsspots_emotionen_allein_reichen_nicht_aus